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Wozu Radfahren?

Das Radfahren stellt einen wesentlichen Baustein der schulischen Verkehrs- und Mobilitätserziehung dar, der auch in der Sekundarstufe I eine zentrale Rolle einnehmen sollte. Auch darüber hinaus bietet das Radfahren vielfältige Möglichkeiten, attraktiven Unterricht zu gestalten. Ob im Rahmen des Sportunterrichts, in Projekten oder auf Ausflügen und Klassenfahrten, überall lassen sich mit dem Fahrrad Angebote schaffen, die die Schülerinnen und Schüler fordern und fördern können. Nicht nur Koordination, Ausdauer und Reaktion lassen sich mit dem Fahrrad exzellent schulen, sondern auch soziale Kompetenzen wie Kooperation, Kommunikation und faires Gruppenverhalten.

Fahrradfahren erlangt auch aus gesundheitlicher Perspektive einen immer größeren Stellenwert. Schülerinnen und Schüler für das Radfahren zu begeistern ist eine wirksame Möglichkeit, die tägliche Bewegung zu steigern, Übergewicht zu bekämpfen und die Gesundheit zu verbessern. Aber auch positive Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten und die Umwelt sprechen für das Fahrrad als attraktives Fortbewegungsmittel.

 

Zahlreiche Studien belegen den ausgeprägten Bewegungsmangel in unserer Gesellschaft. Statt mit dem Fahrrad zu fahren oder zu Fuß zu gehen, werden selbst kurze Wegstrecken oft im PKW zurückgelegt. Weiterhin tragen kontinuierlich steigende Bildschirmzeiten bei Kindern und Jugendlichen ihren Anteil zum ausgeprägten Bewegungsmangel in unserer Gesellschaft bei. Neben dem alltäglichen Fernsehkonsum verbringen Kinder und Jugendliche immer mehr Zeit mit internetfähigen Endgeräten wie Smartphones, Tablets und PCs. Vor allem im Alter von zwölf bis 13 Jahren steigt die Nutzung smarter Gerätschaften sprunghaft an. Gleichzeitig erhöht sich die Dauer, die Jugendliche täglich im Netz verbringen. Sind es bei den zehn- bis elfjährigen noch 22 Minuten am Tag, so steigt die Nutzung ab einem Alter von zwölf Jahren auf 59 Minuten am Tag (2015). Die Geräte der digitalen Welt treten somit in direkte Konkurrenz zu traditionellen Bewegungsangeboten und reduzieren die Bewegungszeit drastisch. Die alltägliche Nutzung des Fahrrad als attraktives Fortbewegungsmittel kann dabei helfen, den Bewegungsmangel abzubauen und einen gesunden Lebensstil zu fördern.

 

Die Pubertät als Entwicklungsabschnitt bringt für die Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I einige Herausforderungen mit sich. Die vielfältigen anatomischen und physiologischen Veränderungen führen oft zu einer Abnahme der Bewegungsbereitschaft. Das lässt sich mit der Unsicherheit und dem Ungeschick im Umgang mit dem sich verändernden Körper begründen. Während sich, laut der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KIGGS, 2017), noch ca. 26 % der Jungen und Mädchen im Alter von 7-10 Jahren ausreichend bewegen, sind es im Alter von 14-17 Jahren nur noch knapp 12 %. Dieser Bewegungsmangel lässt sich nicht allein durch Angebote in Schule und Verein bekämpfen. Das Angebot dort ist bereits vielfältig und umfangreich. Viel mehr gilt es, den Alltag so zu gestalten, dass auch ohne Vereinsaktivität eine ausreichende Bewegung gewährleistet ist. Schülerinnen und Schüler für das Radfahren zu begeistern und sie zu motivieren das Fahrrad im Alltag mehr zu nutzen, setzt genau an diesem Punkt an.

Die Studienlage ist eindeutig: Bewegung und Radfahren sind für Schülerinnen und Schüler ein probates, unspezifisches Mittel zur Verhinderung der Erkrankung an einer Vielzahl von Krankheiten und Beschwerden im Kinder-, Jugendlichen und Erwachsenenalter. Als abgesichert gelten starke positive Einflüsse auf die Lebenserwartung, kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes, Blutdruck, Darmkrebs, Knochendichte, Erkrankungen des Bewegungsapparates und das Körpergewicht. Nach der HBSC-Studie der WHO zeigen aktive Jugendlichen (10-16 Jahre) ein signifikant niedrigeren BMI (Body Mass Index).

Hervorzuheben sind auch die psychischen Auswirkungen von Bewegung: Ausgeglichenheit und Stimmungsaufhellung sind die wichtigsten Effekte von regelmäßiger Bewegung. Dies wiederum hat einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten im Unterricht und in Pausenzeiten. Kinder und Jugendliche sollten sich täglich mindestens 60 Minuten bewegen, wobei dieser Wert als Untergrenze zu verstehen ist.


Viele Eltern und Lehrkräfte äußern Bedenken, wenn es darum geht, Kinder mit Fahrrädern in den Straßenverkehr zu schicken. Die Angst vor Stürzen und Unfällen überwiegt und die positiven Effekte für die Gesundheit, die Umwelt und die Gesellschaft rücken in den Hintergrund.

Eine österreichische Studie von 2011 hat die Risiken des Radfahrens im Alltag untersucht. Hierzu wurden umfassend Verkehrsunfallstatistiken, Verletzungsursachenstatistiken und die Schadstoffbelastung analysiert und gesundheitliche Auswirkungen ermittelt. Die Risikofaktoren wie Unfälle und Schadstoffbelastung sowie die positiven Effekte wie verbesserte Gesundheit bei regelmäßiger Bewegung wurden in verlorener bzw. gewonnener Lebenszeit gegeneinander aufgetragen. Unter nahezu allen denkbaren Rahmenbedingungen überwiegen die gesundheitlich positiven Effekte des Radfahrens auch im Vergleich zu anderen Transportmöglichkeiten wie öffentlicher Nahverkehr und Kfz-Verkehr. Zusätzlich kann davon profitiert werden, dass Lebenszeit durch das Radfahren gewonnen werden kann.

Das Unfallrisiko im Verkehr ist im Verhältnis zu den positiven Auswirkungen des Radfahrens kleiner und sollte nicht davor abschrecken das Fahrrad regelmäßig zu nutzen. Außerdem gilt, je mehr Menschen Fahrrad fahren, desto stärker sinkt die Unfallwahrscheinlichkeit der Radfahrer.

 


Radfahren hat nicht nur positiven Einfluss auf die Gesundheit jedes Einzelnen, sondern kann langfristig auch zur Verbesserung der Lebensqualität aller beitragen. Hier exemplarisch einige Punkte, die sich durch vermehrte Radnutzung vor allem in großen Städten verbessern können:

Flächennutzung: Große, mehrspurige Straßen beanspruchen viel Platz und stellen Barrieren dar, die schwache Verkehrsteilnehmer, wie Kinder, in ihrer Mobilität einschränken. Radfahrer benötigen nur einen Bruchteil des Straßenraums, verglichen mit Pkw-Fahrern und helfen, diese Barrieren zu beseitigen.

Lärmbelastung: Lärm ist nicht nur störend, sondern hat negativen Einfluss auf unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Er senkt die Lebensqualität in städtischen Gebieten drastisch. Das Fahrrad, als fast lautloses Fortbewegungsmittel, stellt hier eine Alternative dar.

Luftverschmutzung: Vor allem der motorisierte Straßenverkehr ist in den Städten für die Luftverschmutzung verantwortlich. Diese stellt ebenfalls ein Gesundheitsrisiko dar und mindert die Lebensqualität. Auch hier tritt durch die vermehrte Nutzung von Fahrrädern eine Verbesserung ein.

Unfälle: Je mehr Menschen Fahrrad fahren, desto geringer wird deren Unfallwahrscheinlichkeit. Wird gleichzeitig der motorisierte Verkehr reduziert, kann dieser Effekt noch verstärkt werden. Die großen Gefahrenquellen sind vielbefahrene Kreuzungen und Straßen und nicht vielgenutzte Radwege.

 

 

Aus sportpädagogischer und -psychologischer Sicht kann sich das Radfahren in der Schule positiv auf die Motivation und die Leistungen der Kinder und Jugendlichen auswirken. Im Rahmen eines Ausflugs oder einer mehrtägigen Klassenfahrt können die Schülerinnen und Schüler in den Planungs- und Organisationsprozess einbezogen werden. Dies fördert die Selbstständigkeit und das Verantwortungsbewusstsein der Heranwachsenden. Im Kontext des persönlichkeitsbezogenen Lernens wird somit nicht nur die Fähigkeit zur Selbstbestimmung, sondern auch die Mitbestimmungsfähigkeit vermittelt, die Schülerinnen und Schüler dazu befähigt, ihren eigenen Standpunkt, ihre Interessen und ihre Bedürfnisse innerhalb der Gruppe zu vertreten. Im gleichen Zuge erlernen Kinder und Jugendliche die Fähigkeit zur Solidarität im Sinne einer Anerkennung des Rechts auf Selbst- und Mitbestimmung für alle anderen (Bähr & Krick, 2009).

Darüber hinaus kann durch die Auseinandersetzung mit besonderen Erfahrungen und außergewöhnlichen Herausforderungen das Selbstvertrauen der Heranwachsenden gestärkt und die individuelle Persönlichkeitsentwicklung gefördert werden.

Schülerinnen und Schüler lernen in der täglichen Interaktion viel über ihre eigenen Stärken und Schwächen sowie die der Mitschülerinnen und Mitschüler. Beim Erlernen von grundlegenden Fertigkeiten des Radfahrens können sie sich so gegenseitig Hilfestellung geben. Außerdem tauschen Kinder und Jugendlichen ihre Erfahrungen mit dem neu Erlernten untereinander aus. Das Radfahren wird so zum gemeinsamen Erlebnis. Dadurch können sich Gruppenstrukturen im positiven Sinn verändern: Das Gruppengefühl wird gestärkt und die Klassengemeinschaft rückt näher zusammen. Dies hat wiederum positive Auswirkungen auf den anschließenden Schulalltag (Künzell et al., 2008).

Neben der Interaktionen zwischen den Heranwachsenden ist ein weiterer Aspekt das Lehrer-Schüler-Verhältnis. Durch gemeinsame Radaktivitäten und abenteuerliche Erlebnisse rücken die Lehrenden zwangsläufig dichter an die Gruppe heran. Kinder und Jugendliche lernen ihre Lehrerinnen und Lehrer dabei von einer anderen Seite kennen und umgekehrt ebenso (Künzell et al., 2008). Auch das kann die Klassengemeinschaft nachhaltig stärken.

  • Dem Bewegungsmangel entgegenwirken und die Gesundheit fördern.
  • Die Verkehrssicherheit verbessern und die Unfallzahlen senken.
  • Das Mobilitätsverhalten nachhaltig ändern und die Umwelt entlasten.
  • Erlebnisse schaffen und die Klassengemeinschaft stärken.
  • Die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen fördern.